#42 Entwicklungstrauma und Schocktrauma: Die Unterschiede in Symptomen, Auswirkungen und Heilungschancen

Entwicklungstrauma, Schocktrauma oder einfach nur Trauma? Jeder redet aktuell davon aber was steckt eigentlich jeweilt dahinter? Woran merke ich, ob ich betroffen bin und wenn ja gibt es Heilungschancen? Ist heutzutage jeder traumatisiert? Hat jeder ein Entwicklungstrauma?! Fragen über Fragen.

All das werden wir in diesem Artikel durchleuchten.

Schocktrauma vs. Entwicklungstrauma

Ein Schocktrauma bezieht sich auf eine psychische Reaktion, die aufgrund eines extrem belastenden oder lebensbedrohlichen Erlebnisses auftritt. Dieses Ereignis kann ein Unfall, eine Naturkatastrophe, ein bewaffneter Überfall, Missbrauch oder eine andere lebensbedrohliche Situation sein. Menschen, die ein Schocktrauma erleben, können eine Vielzahl von emotionalen, körperlichen und psychischen Reaktionen zeigen. Meist kurz nach dem Ereignis aber die Reaktionen können sich auch etwas verzögert auftreten. Manche Schocktraumata heilen innerhalb von ca. 6 Monaten selbst, manche brauchen eine therapeutische Unterstützung bei der Verarbeitung.

Ein Entwicklungstrauma bezieht sich auf wiederholte und anhaltende traumatische Erfahrungen, die während der Kindheit auftreten und die normale Entwicklung eines Kindes beeinträchtigen können. Diese Erfahrungen können verschiedene Formen von Vernachlässigung, körperlichem, emotionalem oder sexuellem Missbrauch, instabilen oder unsicheren Beziehungen, sowie anderen Formen von körperlicher oder seelischer Gewalt umfassen.

Ein Entwicklungstrauma mischt sich oft in den Charakter einer Person, weil es in der sensiblen Phase der Kindheit geschieht, wenn das Gehirn und die Persönlichkeit noch stark in der Entwicklung sind. Solche traumatischen Erfahrungen können das Verhalten, die Emotionen, die Beziehungen und die Denkmuster eines Kindes in einer Weise beeinflussen, die oft langfristige Auswirkungen im Erwachsenenalter hat. Mit Hilfe von Therapie kann nach und nach herausgefunden werden wer man wirklich ist und was das Trauma. Gar nicht einfach aber ein Weg der sich lohnt.

Hier nochmal die Unterschiede auf einem Blick:

Unterschiede Schocktrauma - Entwicklungstrauma

Symptome von Entwicklungstrauma

Entwicklungstrauma kann sich in verschiedenen Formen zeigen. Hier ein paar häufig vorkommende Symptome:

  • Schwierigkeiten mit emotionaler Regulation
  • Geringes Selbstwertgefühl
  • Schlafstörungen
  • Schreckhaftigkeit
  • Gefühl der Entfremdung (das Gefühl nicht dazu zu gehören / anders zu sein)
  • Beziehungsprobleme (Schwierigkeiten bei Bindung & Nähe)
  • Depression
  • Angst/Unruhe/Pani
  • Scham
  • Schuld
  • Gefühl das Leben durch eine Glasscheibe zu betrachten
  • Entkörpern
  • Dissoziation
Es ist wichtig, dass diese Symptome individuell variieren können, und nicht jeder, der ein Entwicklungstrauma erlebt hat, zeigt zwangsläufig alle diese Anzeichen. Die Bandbreite der Symptome zeigt nochmal die Komplexität von Entwicklungstrauma. Die individuelle Erfahrung kann stark variieren, und es ist wichtig, dass Betroffene individuell angepasste Unterstützung erhalten, um ihre jeweiligen Herausforderungen zu bewältigen.
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Symptome von Schocktrauma

Ein Schocktrauma äußert sich in verschiedenen Symptomen, die als direkte Reaktion auf ein überwältigendes oder lebensbedrohliches Ereignis auftreten. Diese Symptome können vielfältig sein, von akuten emotionalen
Reaktionen bis hin zu langfristigen psychischen Belastungen. Typische Anzeichen eines Schocktraumas sind wiederholte belastende Erinnerungen an das Ereignis, intensive Ängste, Albträume und eine gesteigerte
Schreckreaktion. Menschen, die ein Schocktrauma erlebt haben, können auch emotionale Taubheit, Schlafstörungen und eine Tendenz zur Vermeidung von Auslösern des Traumas zeigen. Die individuelle Ausprägung der Symptome kann variieren, und professionelle Unterstützung ist oft notwendig, um die Bewältigung zu erleichtern und langfristige Auswirkungen zu minimieren.

Bei Schocktrauma können folgende Symptome auftreten:

  • Wiedererleben des Traumas (Flashbacks)
  • Dissoziation / Taubheit Verdrängung des erlebten
  • Erhöhte Erregung
  • Erhöhte Schreckhaftigkeit
  • Schlafstörungen
  • Vermeidung bestimmter Situationen

Entwicklungstraumatisierung verstehen

Das „Window of Tolerance“ (Toleranzfenster) ist ein Konzept aus der Traumatherapie und beschreibt einen optimalen emotionalen Zustand, in dem eine Person in der Lage ist, Stress und emotionale Herausforderungen gut zu bewältigen. Es bezieht sich auf den Bereich von Emotionen und Erregungsniveaus, innerhalb dessen eine Person in der Lage ist, klar zu denken, zu kommunizieren und angemessen zu handeln, ohne von übermäßigem Stress oder intensiven Emotionen überwältigt zu werden.

In diesem Bereich sind Menschen in einem ausgeglichenen Zustand, in dem sie in der Lage sind mit alltäglichen Herausforderungen umzugehen, ohne in übermäßigen Stress oder emotionale Dysregulation zu geraten. Wenn eine Person sich innerhalb dieses Fensters befindet, ist sie in der Lage, mit ihren Emotionen umzugehen, kann klar denken und angemessene Entscheidungen treffen.

Außerhalb des Fensters gibt es zwei mögliche Zustände:

  1. Hyperarousal (Übererregung): Dieser Zustand tritt auf, wenn eine Person übermäßig erregt oder gestresst ist. Dies kann zu intensiven Emotionen wie Wut, Panik oder Angst führen. In diesem Zustand kann es schwierig sein, rational zu denken oder angemessen zu handeln, da die Emotionen überwältigend werden.
  2. Hypoarousal (Untererregung): Dieser Zustand tritt auf, wenn eine Person untererregt oder emotional abgestumpft ist. In diesem Zustand können Gefühle von Taubheit, Apathie oder das Gefühl der Entfremdung vorherrschen. Es kann schwierig sein, sich zu motivieren oder sich zu engagieren.
Window of Tolerance - Traumaverständnis

In einem gute regulierten Zustand bewegen wir uns innerhalb dieses Fensters. Es geht uns gut wir sind ausgeglichen und können mit unseren Gefühlen gut umgehen. Im Idealfall ist dieses Fenster durch unsere Kindheit so groß geworden, dass wir resilient durch Leben gehen können ohne, dass uns unsere Gefühle nach oben oder nach unten abhauen.

Window of Tolerance - Schocktrauma

Bei einem Schocktrauma waren wir im Idealfall vorher in unserem Toleranzbereich. Nach dem Eregnis überrollen uns aber regelmäßig unsere Gefühle und wir können uns nicht mehr in unserem Toleranzbereich halten und es zeigen sich unterschiedliche Symptome. 

Es kann auch sein, dass wir vorher schon nicht nur in unserem regulierten Bereich waren. Ein Schocktrauma kann auch auf ein Entwicklungstrauma kommen.

Window of Tolerance - Entwicklungstrauma

Bei einem Entwicklungstrauma haben wir oft gar nicht erst gelernt im angenehmen und regulierten Bereich zu sein. Wir wurden nicht gut in unseren Gefühlen begleitet und unser Fenster konnte gar nicht genug wachsen. Somit ist es meist kleiner uns schon von außen betrachtet kleinere Situationen schmeißen einen schon aus dem Toleranzbereich raus. Das Leben ist voller großer Herausforderungen, wo Menschen mit einem größeren Toleranzfenster ganz leicht mit klarkommen, sind es für Menschen mit Entwicklungstrauma oft riesengroße Hürden.

Was hilft bei Entwicklungstrauma?

Was ist also das Ziel einer Therapie bei Entwicklungstraumata?

Das Ziel ist es eine Pause zwischen Reiz und Reaktion machen zu können und langfristig den Toleranzbereich zu erweitern, denn je größer dieser Bereich ist, desto besser können wir uns selbst regulieren. Selbstregulation ist ein wichtiger Teil von Traumatherapie, weil er uns Sicherheit und Kontrolle in uns selbst gibt.

Wenn unser Toleranzfenster größer ist, sind wir resilienter und können besser mit herausfordernden Situationen im Alltag umgehen, ohne dass wir in Unruhezustände kommen oder wir uns selber abschalten. Wir können wieder besser in Interaktion mit anderen Menschen gehen. Wir können wieder richtige Beziehungen gestalten und sind nicht nur die ganze Zeit mit uns selber beschäftigt.

Folgende Therapieformen sind besonders geeignet für Entwicklungstrauma:

Wenn du betroffen bist kann ich dich nur motivieren dir Hilfe und Unterstützung zu suchen. Denn dein Window of Tolerance zu erweitern ist wirklich für alles im Leben eine Bereicherung. Für dein eigenes Wohlbefinden, deine Beziehungen, dein Job, einfach für wirklich alles.

Wie äußert sich ein Entwicklungstrauma?

Ein Entwicklungstrauma kann sich im Alltag ganz unterschiedlich äußern. 

Hier ein paar mögliche Beispiele:

  1. Schwierigkeiten mit emotionaler Regulation: Viele Menschen mit Entwicklungstrauma haben Probleme damit ihre eigenen Emotionen zu regulieren. Sie fühlen sich ihnen meist hilflos aufgeliefert. Manche werden rasch wütend, haben starke Angst oder fühlen sich sehr traurig.
  2. Geringes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen: Betroffene haben oft ein geringes Selbstwertgefühl und zweifeln an ihren Fähigkeiten und Werten.
  3. Probleme mit zwischenmenschlichen Beziehungen: Menschen, die Entwicklungstrauma erlebt haben, haben oft Probleme in Beziehungen. Sie haben Schwierigkeiten, anderen zu vertrauen, enge Beziehungen aufzubauen oder ihre Bedürfnisse auszudrücken.
  4. Selbstzerstörerisches Verhalten: Einige Personen mit Entwicklungstrauma neigen zu selbstzerstörerischem Verhalten, wie zum Beispiel Selbstverletzung, Drogenmissbrauch oder riskantes Sexualverhalten.
  5. Schwierigkeiten in der Schule oder der Arbeit: Entwicklungstrauma kann die schulische oder berufliche Leistung beeinträchtigen. Manche Betroffene haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, Aufgaben zu erledigen oder Verantwortung zu übernehmen.
  6. Schwierigkeiten bei der emotionalen Bindung: Betroffene haben manchmal Schwierigkeiten, gesunde und dauerhafte Bindungen zu anderen Menschen einzugehen. Sie haben Ängste vor Nähe oder Verlust, die ihre Fähigkeit beeinträchtigen, sich emotional zu verbinden.
  7. Gesundheitliche Probleme: Entwicklungstrauma kann auch zu körperlichen Gesundheitsproblemen führen, da psychischer Stress oft mit körperlichen Beschwerden einhergeht.

Schlussgedanken

Es ist mir wichtig zu betonen, dass sowohl Schocktrauma als auch Entwicklungstrauma ernst genommen werden müssen. Während das Schocktrauma eine akute Reaktion auf ein einzelnes belastendes Ereignis darstellt, kann Entwicklungstrauma durch wiederholte traumatische Erfahrungen in der Kindheit entstehen, die die langfristige psychische Gesundheit beeinflussen. Die Unterscheidung zwischen beiden ist entscheidend, um angemessene Unterstützung bieten zu können.
Durch meine therapeutische Erfahrung möchte ich betonen, dass es Hoffnung gibt. Mit individuell angepasster Therapie und professioneller Unterstützung können Menschen Wege finden, sich von den Auswirkungen von Trauma zu befreien.
Wenn du dir Unterstützung von mir wünschst vereinbare gerne ein kostenfreies Kennenlernengespräch, in dem wir alles weitere besprechen können. Ich begleite dich gerne.

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